OST- UND SÜDOSTANATOLIEN

Die Ostanatolien und Südanatolien der Türkei sind eigentlich zwei voneinander getrennte Regionen, die aber in vielerlei Hinsicht so eng miteinander verwoben sind, dass wir beide der Einfachheit halber unter einer Rubrik zusammenfassen. 

Im Südosten betreten Sie das Land der alten Mesopotamien mit den Flüssen Euphrat und Tigris, das in den drei heiligen Büchern als der Schauplatz vieler Eregnisse mehrfach vorkommt. In der Region kommen verschiedene Kulturen und Religionen auf einem engen Raum zusammen. Als perfektes Beispiel gilt die Stadt Antakya, wo Christen, Juden und Muslime seit Jahrhunderten ohne Konflikte friedlich zusammenleben.

Der Name Zweistromland geht auf die beiden Flüsse Euphrat und Tigris zurück

Einer der beeindruckendsten historischen Orte befindet sich auf dem Berg Nemrut. Hoch auf dem Berggipfel steht die Kultstätte mit dem Grabmal des Königs Antiochos, der einst über das Königreich Kommagene herrschte. Das Grabmal gibt bis heute Archäologen aus der ganzen Welt Rätsel auf, die sie zu entschlüsseln versuchen. Der sagenumwobenen Schatzkammer, die tief unter der auf Befehl des Königs angelegten Aufschüttung versteckt liegen soll, versuchen Altertumsforscher und Archäologen bisher ohne Erfolg auf die Spur zu kommen. Diese einzigartige Mischung aus Heligtum und Grabanlage wurde im Jahr 1987 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen.

Viele Besucher schwärmen vor allem von den Sonnenuntergängen ebenso wie -áufgängen auf dem Gipfel von Nemrut (Bild von katja auf Pixabay)

In der Stadt Şanlıurfa befindet sich die älteste Tempelanlage der Welt Göbekli Tepe, älter als Stonehenge oder die Pyramiden. Angesichts der Lage der Tempelanlage, sie liegt auf einem Hügel, vermuten die Forscher, dass sie zu religiösen Zwecken errichtet wurde. Allenfalls war die Entdeckung eine Sensation, denn bisher wurde angenommen, dass die Menschheit zur Zeit von Göbekli Tepe noch im Steinzeitalter steckte. Erst seit 2018 gehört auch die Kulturstätte zum UNESCO Weltkulturerbe.

Ebenfalls in Şanlıurfa liegt der Abraham Teich mit heiligen Karpfen. Der Legende zufolge wollte König Nemrod den Propheten Abraham mit der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen bestrafen, weil  er den Glauben an die alten Götter verweigerte. Nach dem Glauben des einheimischen Volkes soll Gott daraufhin das Feuer in Wasser und die brennenden Holzstücke in Fische verwandelt haben. Bis heute ist der Ort eine muslimische Pilgestätte und die Karpfen gelten als heilig, dürfen daher nicht gegessen werden. In der Nähe befindet sich außerdem der Ort Harran, der unter den Babyloniern im alten Zweistromland ein wichtiges Handelszentrum war. 

Erst nach jahrelangen Ausgrabungen gelang dem deutschen Team von Archäologen die Sensation Göbekli Tepe

Im Osten der Region liegen außerdem die mehrheitlich von kurdischstämmigen Türken bewohnten Gebiete Siverek und Diyarbakır, wo es etliche Moscheen aus alten Zeiten, Museen und eine historisch geprägte Stadtmauer zu bestaunen gibt.

Im Südostanatolien sind Hasankeyf am Fluss Tigris ebenso wie die Altstadt von Midyat mit Kirchen der syrischen Orthodoxen empfehlenswert.  Darüber hinaus gleicht die Altstadt von Mardin mit arabisch inspirierter Architektur und orientalisch angehauchtem Straßenleben einem Freilandmuseum. Das nahegelegene syrisch-orthodoxe Deyrulzafaran Kloster dürfen Sie sich zudem auf keinen Fall entgehen lassen, sollten Sie sich in der näheren Umgebung aufhalten.

In Mardin fühlt man sich in die Vergangenheit versetzt (Bild von Tuna Ölger auf Pixabay)

Von immenser Bedeutung für die ganze südöstliche Region ist der Atatürk Stausee, der bereits in 1990 fertig gebaut wurde und die Basis für das Projekt GAP mit zahlreichen Staudämmen und Wasserkraftwerken darstellt, das den Bedarf der niederschlagsarmen Region an Wasser decken soll. Zwar ist das Projekt für die Landwirtschaft in der niederschlagsarmen Region von großer Bedeutung, doch die freigelassenen Wassermassen haben viele Dörfer mit kulturellen Hinterlassenschaften unter sich begraben sowie viele Tier- und Pflanzenarten ihres natürlichen Habitats geraubt. Stand 2020 ist nach so vielen Jahren immer noch kein Abschluss des Mammutprojektes in Sicht.

GAP ist ein Langzeitprojekt von immensen Ausmaßen und durchaus bedeutend für die ganze Region